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Mosbacher Ärzte fahren erneut nach Burundi

Geschrieben von Helfende Hand am . Veröffentlicht in Aktuelles

Mosbacher Ärzte fahren erneut nach Burundi
Für eine Behandlung fehlt oft das Geld – Im Gepäck haben sie nicht nur medizinisches Material, sondern auch Know-how

Von Noemi Girgla
Mosbach/Kirundo. Nach Burundi kam der Mosbacher Orthopäde und Unfallchirurg Ralf Krych eher zufällig. Schon während seines Medizinstudiums in Heidelberg wollte er zu "Ärzte ohne Grenzen", "aber nach dem Studium ist man dann doch sehr beschäftigt damit, seinen Facharzt zu machen und Oberarzt zu werden", berichtet Krych. Als er von Matthias Schellmann, Internist und Oberarzt der Neckar-Odenwald-Kliniken, von dem Verein "Helfende Hände" erfuhr, musste er nicht lange überlegen und ging im Februar dieses Jahres zum ersten Mal nach Burundi.

Der Verein hat seinen Sitz in Nagold im Landkreis Calw und leistet humanitäre Hilfe in Mauretanien und Burundi. Burundi ist laut dem "Handelsblatt" derzeit das zweitärmste Land der Welt. Der ostafrikanische Staat hat pro Kopf ein Bruttoinlandsprodukt von nur 306,97 Dollar. Gebeutelt wurde das Land durch den gewaltsamen Konflikt zwischen Hutu und Tutsi. Seit 2005 ist Pierre Nkurunziza Präsident des Landes. "Seither hat sich die Sicherheitslage zwar verbessert", erzählt Ralf Krych, "aber schon bei der letzten Wahl war seine Wiederwahl umstritten." Wie sich das auf die Projekte der Helfenden Hände auswirkt? "Eigentlich wollten wir erst nächstes Jahr wieder nach Burundi", erläutert Krych, "aber dann ist Wahljahr, und es ist nicht vorhersehbar, ob es erneut zu Konflikten kommt. Deshalb haben wir beschlossen, dieses Jahr im Oktober/November noch einmal hinzufliegen." Dieses "wir" umfasst auch drei Mosbacher Ärzte: Ralf Krych und Matthias Schellmann sowie einen Assistenzarzt der Neckar-Odenwald-Kliniken Mosbach, Blaise Bisabwa, aus Brundi, der ein Vorstandsmitglied des Vereins ist.

"In Burundi sieht man Dinge, die kennt man in Deutschland nur noch aus Lehrbüchern", führt Krych aus. "Außerdem sind offene Brüche an der Tagesordnung. Damit einhergehend und wegen der schlechten Versorgungslage sind Knochenentzündungen und Vereiterungen sehr häufig und oft tödlich."

Oft fehlt es vor Ort nicht nur an der medizinischen Ausstattung. "Material hilft, aber auch die Weitergabe von Know-how ist unerlässlich", schildert Blaise Bisabwa. Auch das bringen die Ärzte der Helfenden Hände in die Region. Gemeinsam mit den
einheimischen Medizinern nehmen sie die Eingriffe vor und schulen sie vor Ort. "Im Medizinstudium in Burundi hat man erstmal vier Jahre nur Theorie, danach drei praktische Jahre", erläutert Bisabwa, "wer sich spezialisieren möchte, der muss ins Ausland."

In Kirundo, wo das Krankenhaus liegt, das der Verein unterstützt, kommen derzeit nach Angaben von Krych und Bisabwa acht Ärzte auf 800.000 Einwohner. Neben Brüchen sind auch Verbrennungen sehr häufig. 2016 hatten nur 7,6 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Elektrizität, der Rest nutzt offenes Feuer. Die Malaria ist die größte Geißel Brundis: "Allein in diesem Jahr sind schon 6 Millionen Malariafälle bekannt - bei einer Bevölkerung von gerade mal 11,2 Millionen", so Krych über das Ausmaß der Infektionsrate. Antibiotika gebe es zwar, sagt Bisabwa, doch es seien auch viele unwirksame Produkte im Umlauf. Seit 1993 können die Medikamente nicht mehr im eigenen Land produziert werden und müssen (günstig!) aus Indien und
Ostasien eingekauft werden.
 
Nur wenige Einwohner kommen zur Behandlung ins Krankenhaus. Es fehlt das Geld dafür. In einem Zimmer liegen vier bis fünf Patienten, die beständig ihre Angehörigen um sich haben, welche die Erkrankten mit Essen und sauberer Kleidung versorgen. Dies ist bei der Behandlung nämlich nicht mit inbegriffen. Verlassen darf man das Krankenhaus erst wieder, wenn die Rechnung beglichen ist.

"Zwei etwa achtjährige Kinder waren schon seit über einem halben Jahr im Krankenhaus, da ihre Familien das Insulin, das sie täglich benötigten, nicht bezahlen
konnten. Und natürlich wuchsen die Kosten täglich. Letztlich haben wir die Rechnung und noch ein Jahr lang die Insulin-Versorgung für die Kinder gezahlt. Das waren 300 Euro - für beide", sagt Krych.

Zwei Wochen werden die Mosbacher Ärzte sowie der Rest der Delegation (der Anästhesist Hans-Georg Vrecko und die Dolmetscherin Ina Roy, beide aus Calw)
wieder in Burundi sein. Was sie erwartet, ist nicht zu planen. "Wir müssen schauen, was ansteht. Aber es gibt immer was zu tun", weiß Krych. Ein Arzt aus Kirundo hat ihn schon gebeten, mit ihm gemeinsam einen Eingriff vorzunehmen, damit er diesen dann in Zukunft auch selbstständig durchführen kann.

 

Die Mosbacher Ärzte Ralf Krych (l.) und Blaise Bisabwa (r.) fahren dieses Jahr mit dem Verein "Helfende Hände" ein weiteres Mal ins ostafrikanische Burundi. Was die Ärzte genau erwartet, lässt sich erst vor Ort feststellen. Foto: Ina Roy